Rückblick auf den Workshop "From fossil to green"
Am 10. Oktober fand in Rüsselsheim der Workshop „From Fossil to Green – Wie ein reFuels-Markt neue Geschäftsmodelle eröffnet“ statt. Die Hochschule RheinMain organisierte die Veranstaltung, bei der erstmals der Schwerpunkt auf der Erarbeitung konkreter Handlungsempfehlungen lag. Bruno Nemec, Mitglied des Teams Markt & Regulierung, war an der Organisation beteiligt und gibt hier einen Einblick in den Ablauf sowie die Ergebnisse des Workshops.
Zu Beginn des Workshops führten drei Fachvorträge in die Thematik ein. Im Fokus standen die Ansiedlung einer reFuels-Industrie in Deutschland, detaillierte Einblicke in die Wertschöpfungskette sowie die Analyse der politischen Rahmenbedingungen.
Wie hilfreich waren diese drei Fachvorträge für den Einstieg in den Workshop?
Die Workshop-Gruppen hatte die Aufgabe, mögliche Geschäftsmodelle in einer reFuels-Wirtschaft zu skizzieren – und zwar aus Sicht eines Akteurs. Ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Prozesses ist die Marktanalyse. Da eine fundierte Marktanalyse den zeitlichen Rahmen eines Workshops sprengen würde, war es essenziell, den Gruppen diese Informationen an die Hand zu geben. Die drei Vorträge skizzierten daher den Rahmen, in dem sich die Akteure einer reFuels-Wirtschaft zum jetzigen Zeitpunkt bewegen. Sie setzten damit wichtige Impulse für den Workshop-Teil der Veranstaltung.
Nach den Vorträgen begann die eigentliche Workshop-Phase, in der drei Arbeitsgruppen gebildet wurden: Was waren hier die wichtigsten Ergebnisse, angefangen mit der Kraftstoff-Arbeitsgruppe?
Die Gruppe ging von der Annahme aus, dass heutige Abnehmer fossiler Kraftstoffe auch später Abnehmer von reFuels sein werden – jedoch zeitlich in unterschiedlichem Maße. Die ersten Kunden (in der Innovationsforschung werden damit die Gruppen der Innovatoren und der Early Adopters verstanden) werden sich mit hohen Preisen konfrontiert sehen, was den Kreis auf diejenigen einschränkt, die kaum Alternativen zu reFuels haben. Das ist in erster Linie im Luftverkehr der Fall. Ein weiterer Treiber für den Markthochlauf von reFuels wird in den Flottenbetreibern gesehen. Hierzu zählt auch der Staat, der als Garantiekunde für eine gesicherte Abnahme sorgen kann.
Bei den Schlüsselpartnern sehen die Teilnehmenden auf der vorgelagerten Supply Side die Zulieferer von günstigem H2 in Ländern wie bspw. Namibia. Hier wäre es für den Markthochlauf aus Sicht der Teilnehmenden günstig, wenn die Anforderungen an den Import von H2 in seinen Bedingungen erleichtert wird, da bspw. Länder wie Chile nicht über die gesamte Wertschöpfungskette bei H2 die Klimaneutralität nachweisen kann. Dies ist aus Sicht des Markthochlaufs auch nicht unbedingt nötig und kann bei einem funktionierenden Markt auch nachgeholt werden. Einigkeit besteht unter den Teilnehmenden, dass es wünschenswert wäre, den Wertschöpfungsteil der Supply Chain, nämlich den Raffinerieprozess, in Deutschland zu halten.
Bezüglich der Marktpreise werden seitens der Teilnehmenden flexible Modelle wie das vom CENA entwickelte Swap-Modell gefordert um den Spread zwischen fossilem und nicht-fossilem Kraftstoffpreis zu reduzieren. Des weiteren wird insbesondere für den Luftverkehr länderspezifische Regelungen wie die Luftverkehrssteuer durch europäische Regelungen wie z.B. eine 15 Cent Abgabe für Investitionen in PtL Kraftstoffe zu ersetzen. Auch Doppelregulierungen sollten beseitigt werden.
Welche Erkenntnisse konnte die Wasserstoff-Arbeitsgruppe präsentieren?
In allen sieben Bereichen des Canvas wurde wichtige Beiträge geleistet. Die Komplexität und Vernetzung des Themas wurde bei der Bearbeitung und dem Austausch noch mal deutlich. Wichtige Aufgaben für die notwendige und erfolgreiche Ausweitung der Nutzung von Wasserstoff sind, unter anderem, immer noch die Schaffung von Akzeptanz für die notwendige CO2-Reduktion und der erforderlichen Maßnahmen in der Gesellschaft, das systemische Mitdenken der Sektorenkopplung und die Entwicklung von Know-how sowie die mittelfristige Ausbildung einer ausreichenden Anzahl an Fachkräften.
Wie fiel die Bilanz der Kohlenstoff-Arbeitsgruppe aus?
Folgendes Szenario wurde entwickelt: Der in der Gruppe beschriebene Muster-Akteur würde sich auf die Distribution und Logistik des Kohlenstoffs konzentrieren. Emittenten wie beispielsweise Zementwerke würden sich um die Abscheidung kümmern. Die Distributoren würden diesen abnehmen, auf den gewünschten Reinheitsgrad aufbereiten und an Abnehmer, wie eben reFuels-Produzenten, weiterverkaufen. Neben dem physikalischen Handel wäre auch eine CO2-Bilanzführung nötig.
Als regulatorische Hemmnisse für ein solches Modell sehen die Beteiligten zum einen das aktuelle ETS-Regime an. Hier entfällt der Kauf von Zertifikaten nur dann, wenn das abgeschiedene CO2 gespeichert wird. Zum anderen fehlen (technische) Normen für Abscheidung und Transport. Auch erfordert der Aufbau eines solchen Geschäftsmodells hohe Anfangsinvestitionen, sowohl beim CO2-Produzenten als auch beim Distributor. Da Industrien mit unvermeidbaren Emissionen (insbesondere die Zement- und Kalkindustrie) die notwendigen Abscheideanlagen sowieso installieren müssen, kann absehbar eine weitere Quelle neben der Biomasse-Verwertung erschlossen werden.
Wie lautet Ihr erstes vorläufiges Fazit zu diesem Workshop?
Der Workshop hat gezeigt, dass grundlegende technische, organisatorische und regulatorische Voraussetzungen für den Aufbau einer reFuels-Industrie in Deutschland fehlen. Mögliche Partnerländer außerhalb der EU haben sich auf den Weg gemacht, Wasserstoff in großen Mengen zu exportieren, jedoch fehlen auch hier noch wichtige infrastrukturelle Voraussetzungen. Schließlich fehlen auch die Anreize, um vielversprechende CO2-Quellen zu erschließen.
Dennoch sehen alle Teilnehmenden Ansatzpunkte für den Aufbau einer reFuels-Industrie. Als eine zentrale Herausforderung werden von möglichen Akteuren immer wieder die fehlenden Geschäftsmodelle konstatiert. Der Workshop hat jedoch gezeigt, dass Ideen für Geschäftsmodelle existieren, die eine Chance haben, sofern in allen Wertschöpfungsstufen Verbindlichkeit geschaffen wird. So braucht es verlässliche Abnehmer, auf die reFuels-Produzenten auch langfristig setzen können. Erst mit dem Aufbau einer Produktion können sowohl Wasserstoff- als auch Kohlenstoff-Distributoren die notwendigen Infrastrukturen anpassen. Als Vorteilhaft kann bezüglich der Primärressourcen festgehalten werden, dass sich bereits jetzt Use Cases abseits der reFuels-Produktion abzeichnen.